1528
Spuren am Gebäude belegen, dass sich in der Ordenskirche der Dominikaner bereits vor
der Reformation zwei Orgeln befinden: eine Schwalbennestorgel über dem ersten
nördlichen Pfeiler des Kirchenschiffs und eine Orgel im Chorraum. Beide Instrumente
verschwinden in der Folge der Einführung der Reformation in Bern, und zwischen Schiff
und Chor wird die noch heute bestehende Trennwand errichtet. Der Chorraum wird
profaniert.
1728
Der bernische Rat bewilligt Joachim Rychener, Rupperswil, das Aufstellen seiner auf
eigene Rechnung erstellten Orgel auf dem Lettner der Kirche. Das einmanualige
Instrument mit 17 Manual- und mindestens 3 Pedalregistern ist die erste grosse Orgel, die
nach der Reformation in Bern wieder erklingt. Nachdem sie sich beim Führen des
Gemeindegesangs bewährt, wird am 30. April mit Rychener ein Kaufvertrag über 3000
Gulden abgeschlossen.
1754
Umbau der Kirche und Abbau der Rychener-Orgel, welche provisorisch in den Musiksaal
im Chor der Kirche versetzt und 1755 an die Stadtkirche Aarau (damals bernisches
Untertanengebiet) verschenkt wird. In der Kirche kommt provisorisch ein Positiv zum
Einsatz.
1756
Bau einer neuen Orgel mit 16 Registern auf einem Manual und Pedal durch Viktor
Ferdinand Bossart, Baar.
1816
und 1821 werden durch den Orgel- und Klavierbauer Suter Reparaturen vorgenommen.
1828
Franz Josef Remigius Bossart vergrössert die Orgel um ein zweites Manual, ein Oberwerk
(>Disposition). Dabei erweitert er den Klaviaturumfang um fünf Töne und gestaltet den
Prospekt zur noch heute bestehenden Form um.
1837
Mathias Schneider, Trubschachen, revidiert die Orgel und repariert bzw. verbessert die
Spieltraktur.
1868
Reparatur durch Johannes Weber, Bern.
1915
Orgelbau Goll, Luzern, baut eine pneumatische Taschenladenorgel mit 50 Registern, 3
Transmissionen und 5 Auszügen auf 3 Manualen und Pedal hinter den Bossart-Prospekt
von 1829, der beidseits mit hölzernen Gitterrosten verbreitert wird. 10 Register werden
ganz oder teilweise aus der Vorgängerorgel übernommen. Neben einer neuen
«Fernstation» mit 6 Registern macht Goll als Fernwerk auch die Register des zweiten
Manuals der >Chororgel von 1913 vom ersten und zweiten Manual der Hauptorgel aus
spielbar (>Disposition).
1933
Orgelbau Th. Kuhn AG, Männedorf, baut eine neue Orgel mit elektrischen Taschenladen,
57 Registern und 2 Transmissionen auf 3 Manualen und Pedal (>Disposition). Ein viertes
Manual steuert nun als Fernwerk sämtliche 12 Goll-Register der >Chororgel. Die
seitlichen Gitterroste neben dem historischen Gehäuse werden durch Holzlamellen
ersetzt, die die Schwellkästen verdecken. Die Spieltisch-Anordnung entwirft Marcel Dupré,
Paris. Der fertige Spieltisch wird im November 1932 im Schaufenster des Musikhauses
Krompholz an der Berner Spitalgasse ausgestellt.
1962
Nach einem Umbau der Chorkapelle wird die dortige Goll-Orgel durch ein mechanisches
Instrument ersetzt, und das Fernwerk entfällt. Für das nun freie vierte Manual erstellt
Orgelbau Goll AG ein schwellbares Echopositiv mit 9 Registern, das zuoberst hinter dem
Prospekt platziert wird. Das Instrument zählt damit 66 Register und 2 Transmissionen auf
4 Manualen und Pedal (>Disposition).
1988
Im Hinblick auf die Gesamtrenovation der Kirche wird die Orgel abgebaut. Das
Pfeifenwerk wird teilweise für die >neue Orgel wiederverwendet, der Spieltisch gelangt ins
Schweizerische Orgelmuseum in Roche VD.
Infos und Farbbild Spieltisch:
Dr. François Comment, Burgdorf.
Goll-Orgel: Bernhard Hörler, Dietikon, aus
«Monografie Orgelbauerdynastie Goll».
Das Instrument war 1933 auf Betreiben des damaligen Organisten und Dupré-Schülers Otto Schaerer ganz
im orchestralen Stil Cavaillé-Colls konzipiert worden. Der spätere Titulaire Philippe Laubscher setzte ab
1964 diese Tradition fort, als französische Orgelmusik des 19./20. Jahrhunderts an Konzerten hierzulande
noch eine Rarität war. An den Abendmusiken am Dienstagabend, die jeweils vom Herbst an die sommerlichen
Münster-Orgelkonzerte ablösten, brachten Laubscher und von ihm eingeladene internationale Spitzensolisten
häufig solches Repertoire zu Gehör. Es kam unverfälscht zur Wirkung, da der Gesamtklang der Orgel von den
sonoren «Fonds» und den sagenhaft kräftigen «Anches» dominiert wurde, nicht wie bei Kompromissorgeln von
den Mixturen. Zudem standen die beiden Schwellwerke links und rechts direkt hinter den Holzlamellen, was
deren «Impact» bei Widor, Vierne usw. unvergleichlich machte. Die Orgel war ein echt sinfonisches
Grosswerk, das Cavaillé-Coll nicht besser hingekriegt hätte!