Kath. Kirche Murten/Morat FR ____________________________________ Typ: Traktur: mechanisch Registratur: pneumatisch Windladen: Schleifladen Baujahr: 1935 Versetzung: 1945 Einweihung: 1. Juli 1945 Orgelbauer: Metzler AG, Dietikon Manuale: 2 + Pedal Register: 16 Manual I, C - c''', Hauptwerk Principal 8 ' Rohrflöte 8 ' Octave 4 ' Spitzflöte 4 ' Quinte (rep. f°) 1 1/3' - 2 2/3 ' Octave 2 ' Mixtur III - IV 1 1/3 ' Manual II, C - c''', Positiv Gedackt 8 ' Suavial 4 ' Nachthorn 4 ' Sesquialter 2 2/3 ' + 1 3/5 ' Flageolet 2 ' Cymbel III 1 ' Trompete 8 ' Pedal, C - d' Subbass 16 ' Rohrflöte 8 ' Koppeln, Spielhilfen: - Normalkoppeln II - I, II - P, I - P - Einhängetritt Tutti (ohne Trompete) Stand: 2022
1930 Hans Itel (1898-1988), Architekt und Möbeldesigner und Anhänger Rudolf Steiners*, plant für seine Villa in Dornach SO eine Hausorgel und schnitzt aus Holz ein erstes Modell entsprechend den anthroposophischen Regeln ohne rechte Winkel (das Modell und ein Abguss befinden sich heute im Museum Murten). Für den Entwurf soll Itel von Rudolf Steiner persönlich inspiriert worden sein. In der Folge verfertigt Itel das Orgelgehäuse aus Ulmenholz und stellt es in seiner Villa auf. 1935 Zwischen 1933 und 1935 baut Orgelbau Metzler AG, Dietikon, in Itels Gehäuse die vermutlich erste Orgel im 20. Jahrhundert in der Schweiz, die wieder mit Schleifladen und mechanischer Spieltraktur ausgestattet wird. Das Instrument verfügt über 15 Register auf 2 Manualen und Pedal und folgt in Disposition und Pfeifenmensuren den Vorgaben des Orgelexperten Ernst Schiess (1894-1981) aus Solothurn. 1945 Aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten verkauft Itel die Orgel an die kath. Kirchgemeinde Murten zum Preis von 16'000 Franken. Die Firma Metzler besorgt die Versetzung und den Aufbau auf der damaligen Westempore der Kirche. 1959 Revision durch den Orgelbauer Francis Gruaz, Lausanne. 1978 Nachdem bei einer Innenrenovation der Kirche die Empore abgebrochen worden ist, versetzt der Orgelbauer Jean-Marc Dumas aus Romont FR das Instrument an die Stirnseite des nördlichen Seitenschiffs und ergänzt die Seitenwände, ebenfalls aus Ulme. Als zusätzliches Register baut Dumas im Positiv eine Trompete ein, deren Becher nach vorne gekröpft sind, damit sie das Gehäuse nicht überragen. 2004 Generalrevision durch Orgelbau Metzler AG, Dietikon, nach Teilrenovation der Kirche. 2018 Revision durch Orgelbau Metzler AG, Dietikon. Neben den üblichen Reinigungs- und Stimmarbeiten werden die Intonation sanft korrigiert und die Traktur des zweiten Manuals optimiert. * Rudolf Steiner (1861-1925) war der Begründer der Anthroposophie, einer spirituell-theosophischen Weltanschauung, und wirkte ab 1914 in Dornach SO. Neben vielen anderen Bereichen entwickelte Steiner auch für die Architektur neue Konzepte, die sich im Spannungsfeld zwischen Jugendstil und Expressionismus u.a. durch organische Formen und den Verzicht auf rechte Winkel auszeichnen. Diesen Grundsätzen folgen nicht nur das Gebäude des Goetheanums in Dornach sowie einige Wohnhäuser in dessen Umgebung, sondern auch zeitgenössische Möbel und Ausstattungsgegenstände, wie eben z.B. das Orgelgehäuse von Hans Itel. Dieses ist in der Schweiz einmalig und besitzt eine grosse kunsthistorische Bedeutung. Dass das Gehäuse noch immer das originale, sehr frühe mechanische Schleifladenwerk enthält, verleiht der Orgel zusätzlichen Seltenheitswert.
Geschichte
Quellen: Der Murtenbieter, 27.06.1945, 25.05.2005; La Liberté, 30.06.+03.07.1945; Freiburger Nachrichten, 12.07.1945 François Seydoux, Les orgues du pays de Fribourg de l’époque romantique, in: Patrimoine fribourgeois 14/2002, p. 43 Aktualisierung 2018: Fabian Hucht, Murten Aktualisierung und Fotos 2022: Dr. François Comment, Burgdorf
Orgelverzeichnis Schweiz
Orgelprofil Kath. Kirche Murten/Morat FR